Was ist Rollenspiel?

Zunächst einmal: Es ist schwer, in einem Satz zusammenzufassen, was genau ein Rollenspiel ist. Stelle dir einmal vor, du müsstest jemandem, der noch nie etwas von Film oder Fernsehen gehört hat, diese Begriffe erklären. Sicher würde in einem solchen Fall die beste Antwort lauten: “Probiere es einfach einmal aus!”
Denn auch wenn das Lexikon das Fernsehen als Übertragung bewegter Bilder mit Mitteln der Funktechnik umschreibt, vermittelt dies noch lange nicht, worauf es dem Zuschauer wirklich ankommt: Über die schier unerträgliche Spannung beim Showdown eines Thrillers sagt jene – faktisch korrekte – Definition noch gar nichts aus. Nicht viel anders ist es beim Rollenspiel: Du wirst den Reiz und das Wesen dieses Spiels sehr viel schneller begreifen, wenn du dich einfach, zum Spaß, darauf einlässt, als wenn du dich mit abstrakten Begriffen und Modellen herumschlägst. 
Aber dennoch will ich an dieser Stelle – der Ordnung halber – versuchen, dir eine erste grundlegende Vorstellung davon zu geben, wie ein Rollenspiel  normalerweise abläuft.

Die Grundidee

Du hast das doch sicherlich schon hin und wieder erlebt: Du liest gerade ein Buch oder siehst einen Film – und plötzlich tut der Held darin etwas, von dem du genau weißt, dass es völlig falsch ist. Du selbst hättest das ganz anders und (natürlich) viel besser gemacht. Am liebsten würdest su nun in die Geschichte eingreifen und die Sache selbst in die Hand nehmen. Aber das geht nicht. Unbeirrt von deinen guten Ideen nimmt die Handlung in Buch oder Film ihren Lauf. 
Genau hier setzt die Idee des Rollenspiels an: Du selbst schlüpfst in die Rolle der Hauptfigur einer Geschichte und kannst nun selbst entscheiden, was du tun willst. Und dann erlebst du selbst alle jene Abenteuer, an denen du bisher, als Zuschauer oder Leser, nur passiv teilnehmen konntest. Du erforschst uralte Ruinen, kämpfst gegen Ungeheuer, löst verzwickte Kriminalfälle oder erlebst die Dinge, nach denen du dich schon immer gesehnt hast. Natürlich musst du dich dazu nicht wirklich verkleiden, und du musst auch kein Schwert in die Hand nehmen: Diese Geschichten finden in deiner Phantasie statt. 
Zu einem Rollenspiel triffst du dich also mit Freundinnen und Freunden, ebenso wie zu einem Brettspiel. Und für einen Außenstehenden sieht es auch erst einmal  genauso aus, bloß dass auf dem Tisch, an dem du sitzt, kein Spielbrett liegt, sondern nur ein paar Zettel, Stifte und Würfel. Außerdem spielt ihr nicht gegeneinander, sondern miteinander. Denn jeder Spieler stellt eine Rolle dar, die ganz spezielle Fähigkeiten und Stärken besitzt – und nur, wenn alle gut zusammenarbeiten, wird das Abenteuer auf die optimale Weise gelöst.

Die Rollen

Jeder Mitspieler übernimmt also eine Rolle (wie in einem Film) – wir sprechen hier von den ‘Helden’, die von den Spielern geführt werden. So könnte ein Spieler einen kampfgewaltigen Krieger verkörpern (auch wenn er im wirklichen Leben keine Ahnung von Schwertkampf hat), eine Mitspielerin die verschlagene Schurkin (obwohl sie eigentlich eine grundehrliche Haut ist) und ein weiterer Spieler den weisen Magier (und muss dazu noch nicht mal einfache Zaubertricks beherrschen). 
Was der einzelne Held kann, steht auf einem Blatt: dem ‘Charakterbogen’. Darauf ist nicht nur verzeichnet, wie groß und wie schwer er ist, sondern auch, ob er stark, klug, geschickt oder schön ist und wie gut er reiten, schwimmen, klettern oder kämpfen kann. 
Andere Details der Rolle, nämlich die Beweggründe des Helden, auf Abenteuer auszuziehen, seine Vorlieben und Abneigungen, seine bisherigen Erlebnisse, finden sich aber nicht unbedingt niedergeschrieben. Vielmehr entstehen sie aus dem Rollenspiel des einzelnen Spielers und der gemeinsamen Erinnerung der Spielgruppe.

Der Spielleiter

Eine ganz besondere Aufgabe übernimmt der Spielleiter, bei Dungeons and Dragons traditionell ‘Dungeon Master’ oder `DM´ genannt. Als einziger hat er keine bestimmte Rolle, sondern ist zugleich Regisseur, Kameramann, Schiedsrichter und Darsteller aller Nebenrollen. Er kennt schon von vornherein das Abenteuer, in das er seine Spieler hineinschickt. Er weiß also zum Beispiel bei einem Kriminal-Abenteuer, wer der Mörder ist und wo die Helden Hinweise finden können, um den Täter zu entlarven. Und ebenso weiß er auch, an welchen Stellen Gefahren lauern. Wenn die Spieler entscheiden, einen Raum zu betreten, dann erzählt der DM ihnen, wie es in diesem Raum aussieht. Und wenn ein Held vorher an der Tür lauschen will, dann weiß der DM, ob es etwas zu hören gibt. Sollte aber zufällig ein Wachposten vorbeikommen und den Helden beim Lauschen erwischen, dann schlüpft der DM in die Rolle dieses Wachpostens, der nun den Ertappten befragen oder vielleicht sogar festnehmen will. 
Das heißt aber nicht, dass der DM gegen die Spieler spielt. Im einen Moment kann er die Rolle des finsteren Gegenspielers übernehmen, im nächsten Moment ist er aber der hilfsbereite Passant, der den Helden wichtige Tipps und Hinweise gibt. Damit ist seine Aufgabe sehr anspruchsvoll und vielseitig, aber gerade deshalb macht sie auch besonders viel Spaß.

Die Regeln

Jedes Abenteuer, jeder Film und jedes Buch wäre langweilig, wenn die Helden allmächtig wären und ihnen immer alles gelingen würde. Es ist nun einmal schwierig, eine feuchte Burgmauer hinaufzuklettern, auch wenn dahinter noch so viele Prinzessinnen auf Rettung warten – oder, wenn dir das mehr zusagt, arme, unterdrückte Drachen von bösen Prinzessinnen gefangen gehalten werden. 
Manche Helden können natürlich besser klettern als andere, dafür können jene wieder besser kämpfen oder reiten. Um diese unterschiedlichen Fähigkeiten zu verdeutlichen, gibt es bestimmte Spielregeln. Ein Held, der eine Wand hochklettern will, muss also würfeln, ob er das schafft – und je besser er klettern kann, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihm dies auch gelingt. (Dies ist der Schlüssel zu den Zahlenwerten auf dem Charakterbogen.) Auf diese Weise bleibt es immer spannend, denn niemand kann sich darauf verlassen, dass er jede Mauer erklimmen kann – oder eben jeden Gegner besiegen, jede alte Inschrift lesen und so weiter. 
Aber wenn einmal ein Würfelwurf nicht gelingt, ist das noch lange kein Beinbruch – dann müssen sich die Helden eben einen anderen Weg suchen, um an ihr Ziel zu gelangen. Und so können sie gemeinsam jede Aufgabe lösen und jedes Abenteuer bestehen. Du wirst sehen, aus diesen einzelnen Abenteuern werden bald ganze Geschichten, in denen du, in der Haut deines Helden, die unterschiedlichsten Dinge erlebst. Alles ist möglich, und es gibt nur eine Grenze – deine eigene Phantasie! 
Also: Probiere es aus!

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